Überwachung findet statt

Interaktive Installation: „Überwachung findet statt!“

Am 2. November 2019 fand in Köln die 20. Museumsnacht statt. Wir haben uns mit der interaktiven Installation „Überwachung findet statt“ im KunstWerk daran beteiligt, um so mit unseren Besucher*innen ein Zeichen gegen die anlasslose Videoüberwachung zu setzen.

Was ist da passiert?


Wir haben ein paar Videokamera-Attrappen gebaut, die wir vor einem Greenscreen platziert haben. Die Besucher konnten sich dann dort positionieren und einen Hintergrund aussuchen, z.B. den Ebertplatz, oder den Dagger-Komplex, oder das Weiße Haus, oder, oder. Dazu erklangen dann die ersten Zeilen unseres Stücks „Überwachung“. Anschliessend haben wir das Video bei TikTok hochgeladen, unter unserem Account @DLIKDH. Im Laufe der Nacht entstanden so viele Videos und setzen so hoffentlich so ein Zeichen gegen den Überwachungswahn. Fun-Fact am Rande: Da TikTok ein chinesisches Videoportal ist, das sich explizit als unpolitisch versteht, sind wir sehr gespannt, wie lange die Videos überhaupt auf TikTok bleiben werden. Denn: Überwachung findet statt.

Aus irgend einem Grund, sind wir auf TikTok gerade nicht unter @DLIKDH zu finden. Ihr könnt die Videos aber unter dem Hashtag #dlikdh finden.

Einen Zusammenschnitt der TikTok Videos haben wir inzwischen auch auf Youtube hochgeladen.

Warum diese Aktion?

Es ist inzwischen ein liebgewordenes Ritual der Politiker: Es geschieht eine Gewalttat und es muss ganz schnell gezeigt werden, dass etwas getan wird. Das geht am einfachsten und auch am kostengünstigsten mit der Forderung nach Videoüberwachung. Allerdings stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit von Videoüberwachung. Siehe hierzu die Materialsammlung von digitalcourage.de.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Überwachung von öffentlichen Räumen (wie jetzt demnächst am Ebertplatz in Köln) uns stärker in unseren Freiheitsrechten einschränkt, als sie zu unserer Sicherheit beiträgt. Für uns ist diese Form der anlasslosen Massenüberwachung nichts weiter als Sicherheitstheater und zwar in dem Sinne, wie es der amerikanische Sicherheitsexperte Bruce Schneier einmal treffend formuliert hat.

Die anlasslose Überwachung des Ebertplatz ist auch deswegen so problematisch, weil der Platz ein beliebter Ort für Kundgebungen und Demonstrationen ist. So können demnächst automatisch alle Demonstranten auf dem Platz gefilmt werden. Wenn dann noch ein Gesichtserkennungsprogramm dazu kommen würde mit der Verbindung zu entsprechenden Datenbanken, wäre dies defacto das Ende der Versammlungsfreiheit.

Ein wenig in die Zukunft gedacht

Was wäre, wenn die Türkei im Rahmen eines möglichen Datenaustauschabkommens Zugriff auf eine solche Datenbank mit den erkannten Teilnehmern an Pro-Kurdischen Demonstrationen auf dem Ebertplatz bekommen würde?

Oder ein anderes Szenario: Was, wenn die AfD doch einmal die stärkste Partei im Bundestag werden solte und den Kanzler stellt? Wollen wir einer solchen Partei den Weg in den totalen Überwachungsstaat jetzt schon möglichst einfach machen? Noch spüren wir nichts von der Dystopie, die wir uns täglich erschaffen. Aber was ist aus „wehret den Anfängen“ geworden?

Wir halten es da mit Benjamin Franklin:

„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Wir halten es aber auch mit Bruce Schneier, der uns erklärt, dass es etwas jenseits des Sicherheitstheaters gibt, das auch tatsächlich wirkt: Die gute alte Polizeiarbeit, mit gut ausgebildeten, kompetenten und genügend Polizisten, die im Idealfall transparent und eben nicht vor der parlamentarischen Kontrolle verborgen agieren. Das ist aber leider aufwendiger, teurer und viel schwerer zu vermitteln als ein paar Videokameras.